Auf der Suche nach einem Link zu den Arbeiten von Prof. Katrin Neumann führte mich Google zu einer wunderbaren Übersicht der ÖSIS, Stand 2008. Hier finden sich nicht nur einige Links zu Frau Neumann, sondern auch andere im deutsch- und englischsprachigen Raum diskutierte Ergebnisse aus der Stotterforschung.
Desweiteren wird auf der Site zur "Intensiv-Modifikation Stottern" allgemein auf Studien hingewiesen, die die Effekte von Stottermodifikationstherapien (wie etwa die Van-Riper-Methode oder eben die genannte "IMS") untersuchen, leider finden sich dort keine weiterführenden Angaben dazu.
Samstag, 16. Mai 2009
Mittwoch, 13. Mai 2009
Stottern im Film
Morgen ist um 22.47h, übrigens nach einer Parteiwerbung zur EU-Wahl, auf ARD der Film "Ensemble c´est tout/Zusammen ist man weniger allein" zu sehen.
Der TIP, ein Berliner Stadtmagazin, kündigt den Film in seiner Printausgabe so an:
Camille ist eigentlich neben ihrem Putzfrauendasein auch einsam und zudem noch magersüchtig, Franck ein Womanizer auf der Suche nach der wahren Liebe und manchmal aufbrausend, die Oma eine Pflanzenliebhaberin und auf Hilfe im Haushalt angewiesen, aber der Philibert, der sich über einen Job im Museumsshop finanziert und gern Theater spielt, der ist halt vor allem ein Stotterer.
Das erinnert mich an einen Abend zu dritt - eine Freundin besuchte mich und wir trafen eine Freundin, die ebenso wie ich stottert. Das einzige, was der nicht-stotternden Freundin im Anschluss an den Kneipenbesuch zur neuen Bekanntschaft einfiel, war: "Oh, sie stottert aber stark!" Als ob das ein Charakterzug wäre... Zuerst und am allerwichtigsten also: das Stottern, die Behinderung, dann kommt irgendwann der Rest der Person. Wer will s Menschen verdenken, die nicht mit Behinderungen zu tun haben, wenn schon die lieben Medien so eine Perspektive einnehmen?
Zum Film: Der bekam 2007 den Preis des BVSS-Forums "Goldene Glottis" zugestanden.
Der TIP, ein Berliner Stadtmagazin, kündigt den Film in seiner Printausgabe so an:
Claude Berris Wohngemeinschaft, bestehend aus der Putzfrau Camille, dem Koch Franck, seiner einsamen Oma und dem großherzigen Stotterer Philibert, nährt die Hoffnung auf eine gerechtere und zärtlichere Gesellschaft.
Camille ist eigentlich neben ihrem Putzfrauendasein auch einsam und zudem noch magersüchtig, Franck ein Womanizer auf der Suche nach der wahren Liebe und manchmal aufbrausend, die Oma eine Pflanzenliebhaberin und auf Hilfe im Haushalt angewiesen, aber der Philibert, der sich über einen Job im Museumsshop finanziert und gern Theater spielt, der ist halt vor allem ein Stotterer.
Das erinnert mich an einen Abend zu dritt - eine Freundin besuchte mich und wir trafen eine Freundin, die ebenso wie ich stottert. Das einzige, was der nicht-stotternden Freundin im Anschluss an den Kneipenbesuch zur neuen Bekanntschaft einfiel, war: "Oh, sie stottert aber stark!" Als ob das ein Charakterzug wäre... Zuerst und am allerwichtigsten also: das Stottern, die Behinderung, dann kommt irgendwann der Rest der Person. Wer will s Menschen verdenken, die nicht mit Behinderungen zu tun haben, wenn schon die lieben Medien so eine Perspektive einnehmen?
Zum Film: Der bekam 2007 den Preis des BVSS-Forums "Goldene Glottis" zugestanden.
Montag, 11. Mai 2009
Kiss In - Block In
In Berlin fand am vergangenen Wochenende ein Kiss-In vor einem homophoben Eisladen statt, siehe dazu den Bericht auf Spiegel Online.
Wie wäre es mit Block-Ins vor/in Geschäften, Fahrkartenschaltern, usw, wo Stotternde aufgrund ihres Stotterns diskriminierend behandelt wurden? Kurzfristig verabredet, bilden dutzende Stotternde eine Warteschlange und blocken ihre Kaufswünsche, blocken untereinander im Gespräch, weisen Passanten auf das Thema Stottern und die Behinderung durch intolerante Zeitgenossen hin...
Wie wäre es mit Block-Ins vor/in Geschäften, Fahrkartenschaltern, usw, wo Stotternde aufgrund ihres Stotterns diskriminierend behandelt wurden? Kurzfristig verabredet, bilden dutzende Stotternde eine Warteschlange und blocken ihre Kaufswünsche, blocken untereinander im Gespräch, weisen Passanten auf das Thema Stottern und die Behinderung durch intolerante Zeitgenossen hin...
Sonntag, 10. Mai 2009
Erfolgreiches Marketing
Eines von vielen Beispielen für gelungenes Marketing eigener Produkte ist die Zusammenarbeit von Prof. Katrin Neumann und Dr. Wolff von Gudenberg, wie hier im WDR beschrieben.
Ist das "Fluency Shaping" tatsächlich eine Methode aus Amerika, bzw. den USA (Lateinamerika wird wahrscheinlich nicht gemeint sein)? Und wenn es zutrifft, dass Gudenberg 1996 mit seiner therapeutischen Arbeit begonnen hat, dann war zumindest Oskar Hausdörfer schon schneller. Sein Werk "Durch Nacht zum Licht" wurde bereits 1933 in 4. Auflage veröffentlicht, wie Arno Markmann schreibt.
Weiter aus dem WDR-Bericht:
Über Effekte von Therapien nach dem Non-Avoidance-Ansatz gibt es leider noch keine naturwissenschaftlichen Befunde, insofern ist hier auch keine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit möglich. Vielleicht haben solche Therapieansätze das auch gar nicht nötig?
Nach 20-jähriger Therapie-Odyssee hat er 1996 die ursprünglich amerikanische Therapieform des „Fluency Shaping“ in Deutschland eingeführt und als Kasseler Stottertherapie (KST) weiter entwickelt.
Ist das "Fluency Shaping" tatsächlich eine Methode aus Amerika, bzw. den USA (Lateinamerika wird wahrscheinlich nicht gemeint sein)? Und wenn es zutrifft, dass Gudenberg 1996 mit seiner therapeutischen Arbeit begonnen hat, dann war zumindest Oskar Hausdörfer schon schneller. Sein Werk "Durch Nacht zum Licht" wurde bereits 1933 in 4. Auflage veröffentlicht, wie Arno Markmann schreibt.
Weiter aus dem WDR-Bericht:
Während Nicht-Stotterer beim Sprechen Gebiete in der linken Hirnhälfte aktivieren, sind es bei Stotterern Regionen in der rechten Hirnhälfte. Das Gehirn versucht, die Schwäche zu kompensieren. Nach einer erfolgreichen Stotter-Therapie, der Fluency-shaping-Therapie, konnten die Wissenschaftler bei den untersuchten Stotterern jetzt Aktivierungen im Gehirn nachweisen, die nun in linksseitigen Sprachgebieten lagen. Die Forscher werten dies als Beleg für die Effektivität einer dauerhaften Stottertherapie nach dem Fluency-shaping-Prinzip.
Über Effekte von Therapien nach dem Non-Avoidance-Ansatz gibt es leider noch keine naturwissenschaftlichen Befunde, insofern ist hier auch keine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit möglich. Vielleicht haben solche Therapieansätze das auch gar nicht nötig?
Samstag, 9. Mai 2009
Therapieerfolg 2
Ulrich Natke hat die Kriterien einer seriösen und erfolgversprechenden Therapie folgendermaßen zusammengefasst:
Welche Stottertherapien sind seriös?
Seriöse Therapieangebote für Erwachsene unterscheiden sich von unseriösen Angeboten darin, dass
- keine Heilung versprochen wird,
- sie über eine ausreichende Dauer verfügen,
- Übungen außerhalb des Therapieraumes stattfinden,
- Wert auf die Übertragung des Erlernten in den Alltag des Patienten gelegt wird,
- ein Nachsorgeprogramm über einen langen Zeitraum angeboten wird und
- ein Programm für Rückfälle vorgesehen ist.
Kulturwissenschaften
Auf dem letzten Historikertag, 2008 in Dresden, stellte sich eine Forschergruppe vor, die die Disability Studies auch in Deutschland verankern möchte. Stottern war zwar noch nicht dabei, aber man darf gespannt sein.
Mittwoch, 6. Mai 2009
Stottern und Beruf - Der ÖBS
ÖBS - das Kürzel für "Öffentlicher Beschäftigtensektor". Synonym: "Dritter Arbeitsmarkt". Mehr Informationen dazu in der FAZ, im Handelsblatt und auf Labournet.
Dieser Sektor wird in Deutschland seit 2007 auf kommunaler Ebene geschaffen für Erwerbsfähige, die als chancenlos eingestuft werden, jemals ein so genanntes "Normalarbeitsverhältnis" zu erlangen. Deutlich vorangebracht von der Großen Koalition, also CDU und SPD, schreiben sich die erfolgreiche Einführung des "Dritten Arbeitsmarktes" inzwischen auch die selbsterklärt linken Parteien "Grüne" und "Die Linke" auf die Fahne.
Der vollständige Text der Richtlinien zur Umsetzung des ÖBS auf der Site der Arbeitsagentur.
Mir war diese deutsche Version des "Workfare"-Konzepts bis gestern vollkommen unbekannt und die Leserin mag sich fragen, was das mit Stottern zu tun haben soll.
Wer aufgrund seines Stotterns einen Behindertenausweis zugestanden bekommt, hat damit auf der Liste der erforderlichen so genannten "multiplen Vermittlungshemmnisse" schon einen Haken. Um eine ÖBS-Stelle zugeteilt zu bekommen, braucht es allerdings ein weiteres "Vermittlungshemmnis". Zu den Details der Praxis in Berlin aus Sicht der Verantwortlichen siehe die Senats-Site zum Thema. Die Realität vor Ort ist allerdings etwas anders, wie Medienberichte seit 2007 zeigen.
Die Tatsache, dass sich Bund und Kommunen von der Idee der Integration in den "Ersten Arbeitsmarkt" verabschieden und nun mit finanzieller Unterstützung der EU zu einer Verfestigung einer "chancenlosen" Unterklasse übergehen und damit auch den Niedriglohnsektor ausweiten, ist an sich schon erschreckend. Zudem ist der Zusammenhang mit dem Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst und den Einsatzbereichen der ÖBS-Stelleninhaber gerade in Berlin augenfällig.
Ambivalent sehe ich es, dass Stotternde ebenfalls in den Genuss dieser Maßnahme kommen. Ist der ÖBS in den Augen seiner Nutznießer nichts anderes als eine neue ABM (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) oder eine neue MAE (Mehraufwandsentschädigung, im Volksmund "Ein-Euro-Job")?
Nur, wie wirkt sich das langfristig aus? Verwirrend ist das Ganze in Bezug aufs Stottern auch deswegen, weil es ja nicht wenige Stotternde gibt, die auf dem "Ersten Arbeitsmarkt" bestehen.
Dieser Sektor wird in Deutschland seit 2007 auf kommunaler Ebene geschaffen für Erwerbsfähige, die als chancenlos eingestuft werden, jemals ein so genanntes "Normalarbeitsverhältnis" zu erlangen. Deutlich vorangebracht von der Großen Koalition, also CDU und SPD, schreiben sich die erfolgreiche Einführung des "Dritten Arbeitsmarktes" inzwischen auch die selbsterklärt linken Parteien "Grüne" und "Die Linke" auf die Fahne.
Der vollständige Text der Richtlinien zur Umsetzung des ÖBS auf der Site der Arbeitsagentur.
Mir war diese deutsche Version des "Workfare"-Konzepts bis gestern vollkommen unbekannt und die Leserin mag sich fragen, was das mit Stottern zu tun haben soll.
Wer aufgrund seines Stotterns einen Behindertenausweis zugestanden bekommt, hat damit auf der Liste der erforderlichen so genannten "multiplen Vermittlungshemmnisse" schon einen Haken. Um eine ÖBS-Stelle zugeteilt zu bekommen, braucht es allerdings ein weiteres "Vermittlungshemmnis". Zu den Details der Praxis in Berlin aus Sicht der Verantwortlichen siehe die Senats-Site zum Thema. Die Realität vor Ort ist allerdings etwas anders, wie Medienberichte seit 2007 zeigen.
Die Tatsache, dass sich Bund und Kommunen von der Idee der Integration in den "Ersten Arbeitsmarkt" verabschieden und nun mit finanzieller Unterstützung der EU zu einer Verfestigung einer "chancenlosen" Unterklasse übergehen und damit auch den Niedriglohnsektor ausweiten, ist an sich schon erschreckend. Zudem ist der Zusammenhang mit dem Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst und den Einsatzbereichen der ÖBS-Stelleninhaber gerade in Berlin augenfällig.
Ambivalent sehe ich es, dass Stotternde ebenfalls in den Genuss dieser Maßnahme kommen. Ist der ÖBS in den Augen seiner Nutznießer nichts anderes als eine neue ABM (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) oder eine neue MAE (Mehraufwandsentschädigung, im Volksmund "Ein-Euro-Job")?
Nur, wie wirkt sich das langfristig aus? Verwirrend ist das Ganze in Bezug aufs Stottern auch deswegen, weil es ja nicht wenige Stotternde gibt, die auf dem "Ersten Arbeitsmarkt" bestehen.
Samstag, 2. Mai 2009
Beruflich erfolgreich mit Stottern?
Der Anbieter der so genannten Kasseler Stottertherapie und Facharzt für Allgemeinmedizin, Alexander Wolff von Gudenberg, meinte gegenüber der Presse:
Zitat hier.
Das war allerdings vor drei Jahren, aus Anlass des Welttags des Stotterns.
Aber auch damals kannte ich schon einige erfolgreiche Stotterer, die ihre Berufe in Branchen wie Architektur, IT, Forschung und Lehre in Natur- und Kulturwissenschaften (ja, auch ein Universitätsprofessor darunter), Journalismus, Maschinenbau ausüben. Dann wären da noch Prominente wie F.C. Delius zb.
Ich habe mich schon oft gefragt, was es braucht, um als Stotterer trotzdem seinen Weg zu gehen. Ist es eine Frage der Schwere der Symptomatik? Ist es eine Frage des unterstützenden sozialen Umfelds, der sozialen Herkunft?
Vor Jahren gab es im Kieselstein, Organ der deutschen Selbsthilfe-Organisation BVSS e.V., einige Artikel zum Thema "Stottern und Beruf". Auffallend war da, dass es bei den Männern bei der Berufswahl offenbar kein größeres Problem darstellte, zu stottern. Anders bei den porträtierten Frauen. Aber: meine persönlichen Begegnungen in der Stotterer-Selbsthilfe sprechen eine andere Sprache. Von den wenigen Frauen, die frau im Verein antrifft, ist ein hoher Anteil sehr gut ausgebildet und auch dementsprechend beschäftigt.
Das deckt sich wiederum mit Erkenntnissen aus der Migrationsforschung: Frauen aus benachteiligten Gruppen sind besser ausgebildet als die Männer aus der gleichen Gruppe. Hm - und was ist mit Befunden der Elitenforschung? Frauen auf leitenden Positionen sind ebenfalls besser ausgebildet als ihre männlichen Kollegen und erbringen eine höhere Arbeitsleistung.
Verschiedene Rückschlüsse sind möglich:
* Stottern wirkt wie jede andere Benachteiligung bei Frauen ehrgeizfördernd.
* Erfolgsgeschichten von weiblichen Stotternden sind für den verantwortlichen Kieselstein-Redakteur uninteressant gewesen oder wurden einfach nicht eingesandt.
* Unter organisierten Stotterern finden sich überdurchschnittlich viele beruflich erfolgreiche Frauen.
Und was ist mit dem Faktor soziale Herkunft? Die erfolgreichen Frauen, die ich in der Szene der Selbsthilfe kennenlernte, würde ich aufgrund des sozialen Umfelds, in dem sie aufgewachsen sind, in die Kategorie Bildungsbürgertum einordnen. Sie wären also eh dort gelandet, wo sie nun gelandet sind - hatten allerdings durch das Stottern mehr Hemmnisse auf ihrem Berufsweg. Der von Soziologen so genannte Habitus, die persönliche Haltung, begünstigt die Verfolgung der eigenen Ziele.
Dagegen ist ein sozialer Aufstieg, das heißt: die Verbesserung der sozialen Position der Familie (ausgehend vom ausgeübten Beruf und von den Ressourcen der Eltern), mit einer Behinderung deutlich erschwert. Ich kenne keinen. Beeindruckt war ich von der Geschichte einer stotternden Migrantin in den USA, die den Aufstieg über ihr Medizinstudium schaffte - allerdings räumt sie ein, dass sie erst, als das schon geschafft hatte, ihr Stottern zeigte und daran arbeitete. Vorher vermied sie ihr Stottern erfolgreich.
Was sich wiederum deckt mit "Erfolgsgeschichten" solcher Art wie die von Anne Will: Jeder kann es schaffen, wenn er auf dem Weg zum Ziel sein Handicap verbirgt: also in der Zeit der Unsicherheit als "normal" durchgeht. Hm - daran sehe ich allerdings nichts Emanzipatives, im Gegenteil...
In den USA kann man trotz Stotterns sogar Professor werden. In Deutschland habe ich als Betroffener nicht einmal meine Zusatzqualifikation als HNO-Arzt machen können. (...) Wer eine Redeflussstörung hat, fällt in Deutschland durch alle Raster.
Zitat hier.
Das war allerdings vor drei Jahren, aus Anlass des Welttags des Stotterns.
Aber auch damals kannte ich schon einige erfolgreiche Stotterer, die ihre Berufe in Branchen wie Architektur, IT, Forschung und Lehre in Natur- und Kulturwissenschaften (ja, auch ein Universitätsprofessor darunter), Journalismus, Maschinenbau ausüben. Dann wären da noch Prominente wie F.C. Delius zb.
Ich habe mich schon oft gefragt, was es braucht, um als Stotterer trotzdem seinen Weg zu gehen. Ist es eine Frage der Schwere der Symptomatik? Ist es eine Frage des unterstützenden sozialen Umfelds, der sozialen Herkunft?
Vor Jahren gab es im Kieselstein, Organ der deutschen Selbsthilfe-Organisation BVSS e.V., einige Artikel zum Thema "Stottern und Beruf". Auffallend war da, dass es bei den Männern bei der Berufswahl offenbar kein größeres Problem darstellte, zu stottern. Anders bei den porträtierten Frauen. Aber: meine persönlichen Begegnungen in der Stotterer-Selbsthilfe sprechen eine andere Sprache. Von den wenigen Frauen, die frau im Verein antrifft, ist ein hoher Anteil sehr gut ausgebildet und auch dementsprechend beschäftigt.
Das deckt sich wiederum mit Erkenntnissen aus der Migrationsforschung: Frauen aus benachteiligten Gruppen sind besser ausgebildet als die Männer aus der gleichen Gruppe. Hm - und was ist mit Befunden der Elitenforschung? Frauen auf leitenden Positionen sind ebenfalls besser ausgebildet als ihre männlichen Kollegen und erbringen eine höhere Arbeitsleistung.
Verschiedene Rückschlüsse sind möglich:
* Stottern wirkt wie jede andere Benachteiligung bei Frauen ehrgeizfördernd.
* Erfolgsgeschichten von weiblichen Stotternden sind für den verantwortlichen Kieselstein-Redakteur uninteressant gewesen oder wurden einfach nicht eingesandt.
* Unter organisierten Stotterern finden sich überdurchschnittlich viele beruflich erfolgreiche Frauen.
Und was ist mit dem Faktor soziale Herkunft? Die erfolgreichen Frauen, die ich in der Szene der Selbsthilfe kennenlernte, würde ich aufgrund des sozialen Umfelds, in dem sie aufgewachsen sind, in die Kategorie Bildungsbürgertum einordnen. Sie wären also eh dort gelandet, wo sie nun gelandet sind - hatten allerdings durch das Stottern mehr Hemmnisse auf ihrem Berufsweg. Der von Soziologen so genannte Habitus, die persönliche Haltung, begünstigt die Verfolgung der eigenen Ziele.
Dagegen ist ein sozialer Aufstieg, das heißt: die Verbesserung der sozialen Position der Familie (ausgehend vom ausgeübten Beruf und von den Ressourcen der Eltern), mit einer Behinderung deutlich erschwert. Ich kenne keinen. Beeindruckt war ich von der Geschichte einer stotternden Migrantin in den USA, die den Aufstieg über ihr Medizinstudium schaffte - allerdings räumt sie ein, dass sie erst, als das schon geschafft hatte, ihr Stottern zeigte und daran arbeitete. Vorher vermied sie ihr Stottern erfolgreich.
Was sich wiederum deckt mit "Erfolgsgeschichten" solcher Art wie die von Anne Will: Jeder kann es schaffen, wenn er auf dem Weg zum Ziel sein Handicap verbirgt: also in der Zeit der Unsicherheit als "normal" durchgeht. Hm - daran sehe ich allerdings nichts Emanzipatives, im Gegenteil...
Freitag, 1. Mai 2009
Und was machen die Briten?
Die britische Selbsthilfe-Organisation BSA lädt zu ihrer diesjährigen Konferenz nach London, wie immer im September. Es ist auch möglich, sich in Form eines Workshops oder eines Vortrags einzubringen. Der Anmeldeschluss für Vorschläge war zwar schon gestern, aber häufig geht doch noch was.
Information und Anmeldung hier.
Information und Anmeldung hier.
Wolke 9
In der AKTION MENSCH-Kuratoriumssitzung vom 09.10.08 wurde das vom Landesverband Stotterer-Selbsthilfe NRW e.V. beantragte Lehrfilmprojekt „Stottern im Alter“ positiv bewilligt. Innerhalb eines Jahres wird in Kooperation mit der Initiative „Aktion Morgentau“ sowie Therapeuten und Fachleuten ein Film entstehen, der das Thema Stottern im Alter näher beleuchtet. Für alle Menschen, die mit jungen wie alten Senioren beruflich oder privat zu tun haben, klärt dieser Film über Stottern auf und zeigt Umgangs- und Verhaltensweisen in der Begegnung mit stotternden Menschen. Das Projekt wird mit ca. 32.000 € finanziell gefördert.
Zitat und Kontakt hier.
Ob Andreas Dresen hier auch mitmacht? Hat die Generation 66plus nicht nur das bessere Liebesleben, sondern auch den gelasseneren Sprachfehler?
Viele ältere Stotternde sagen, dass das Stottern im Lauf der Jahre an Bedeutung verliert. Die beste Therapie also: das Älterwerden?
Therapieerfolg
Was macht eine Therapie erfolgreich?
Erstmal ist der Erfolg natürlich davon abhängig, was die Stotternde erreichen will und wo sie steht. Wie schwer ist die Symptomatik? Wie sieht das gute Leben aus, das irgendwann mal Realität sein soll? Wie hoch ist der Leidensdruck?
Meiner Ansicht nach ist es dennoch simpel, so verschieden Stotternde auf Hilfesuche auch sein mögen: Stottern an sich ist nicht heilbar, aber angenehmes Stottern ist erlernbar.
Vorausgesetzt, der gute Wille ist da, sind 4 Faktoren ausschlaggebend:
- ein guter Therapeut
- mindestens ein zuverlässiger Trainingspartner (besser gleich mehrere!)
- ein Konzept, das zu meinem Alltag passt
- Regelmäßigkeit
Leider habe ich dazu (noch) keine Quelle zur Hand, aber irgendwo steht geschrieben, dass es letztlich egal ist, welche Sprechtechnik angewandt wird, die Hauptsache ist, dass überhaupt eine trainiert wird.
Erstmal ist der Erfolg natürlich davon abhängig, was die Stotternde erreichen will und wo sie steht. Wie schwer ist die Symptomatik? Wie sieht das gute Leben aus, das irgendwann mal Realität sein soll? Wie hoch ist der Leidensdruck?
Meiner Ansicht nach ist es dennoch simpel, so verschieden Stotternde auf Hilfesuche auch sein mögen: Stottern an sich ist nicht heilbar, aber angenehmes Stottern ist erlernbar.
Vorausgesetzt, der gute Wille ist da, sind 4 Faktoren ausschlaggebend:
- ein guter Therapeut
- mindestens ein zuverlässiger Trainingspartner (besser gleich mehrere!)
- ein Konzept, das zu meinem Alltag passt
- Regelmäßigkeit
Leider habe ich dazu (noch) keine Quelle zur Hand, aber irgendwo steht geschrieben, dass es letztlich egal ist, welche Sprechtechnik angewandt wird, die Hauptsache ist, dass überhaupt eine trainiert wird.
Stottern immer beliebter!
Es gibt immer mehr Berichte über dieses Phänomen - ist es deswegen, weil Stotterer inzwischen überall sind, auch erfolgreich als Journalist? Oder weil Selbsthilfeorganisationen endlich die Früchte ihrer jahrzehntelangen Öffentlichkeitsarbeit ernten? Oder weil Familienangehörige und Bekannte das Elend ihrer stotternden Mitmenschen nicht mehr tatenlos mitansehen können? Ist gar die EU daran schuld, subventioniert sie die Berichterstattung über Behinderte und Minderheiten?
Zudem werden die Berichte immer besser.
Hier einige empfehlenswerte Artikel: Focus 2008, Deutschlandfunk 2009.
Zudem werden die Berichte immer besser.
Hier einige empfehlenswerte Artikel: Focus 2008, Deutschlandfunk 2009.
Reach Out - Olomouc
Reach Out: So nennt sich eine Initiative der International Stuttering Association. Ausstrecken will sich der Dachverband damit nach Stotterern, die in Ländern ohne eigene oder ohne sonderlich aktive Selbsthilfe-Organisation leben. Tschechien und die Slowakei gehören dazu. In Tschechien existiert seit 1998 der Verein Balbus o.s., der allerdings eher informell agiert und bis heute von wenigen Personen getragen wird.
Vergangenes Wochenende fand auf Initiative zweier langjähriger Aktiver ein Workshop in Olomouc statt: Eine Schauspielerin, die Stimm- und Sprechunterricht anbietet, stellte ihre Methoden vor. Dadurch, dass auch Frau Alena Peutelschmiedova, Dozentin für Logopädie an der Pädagogischen Fakultät Olomouc und Gründerin der Balbus o.s., an der Veranstaltung teilnahm, konnten einige fälschliche Darstellungen korrigiert werden. Insbesondere irritierte die Ansicht der Workshop-Leiterin, Stottern könne mit einer verbesserten Atmung begegnet werden. Del Ferro auf tschechisch?
In Deutschland ist die Del Ferro-Methode umstritten, in Tschechien als solche noch gar nicht bekannt, jedoch die zugrundeliegende Annahme einer falschen Atmung immer noch weit verbreitet. Nicht nur von wohlmeinenden Bekannten müssen sich Stotternde immer wieder den Rat anhören: Atme ruhig! Die meisten tschechischen Logopäden setzen bei der Atmung an, auch wenn etwa ein stotternder Musiker Hilfe sucht, der Fagott spielt und somit längst "richtig" atmet...
Vergangenes Wochenende fand auf Initiative zweier langjähriger Aktiver ein Workshop in Olomouc statt: Eine Schauspielerin, die Stimm- und Sprechunterricht anbietet, stellte ihre Methoden vor. Dadurch, dass auch Frau Alena Peutelschmiedova, Dozentin für Logopädie an der Pädagogischen Fakultät Olomouc und Gründerin der Balbus o.s., an der Veranstaltung teilnahm, konnten einige fälschliche Darstellungen korrigiert werden. Insbesondere irritierte die Ansicht der Workshop-Leiterin, Stottern könne mit einer verbesserten Atmung begegnet werden. Del Ferro auf tschechisch?
In Deutschland ist die Del Ferro-Methode umstritten, in Tschechien als solche noch gar nicht bekannt, jedoch die zugrundeliegende Annahme einer falschen Atmung immer noch weit verbreitet. Nicht nur von wohlmeinenden Bekannten müssen sich Stotternde immer wieder den Rat anhören: Atme ruhig! Die meisten tschechischen Logopäden setzen bei der Atmung an, auch wenn etwa ein stotternder Musiker Hilfe sucht, der Fagott spielt und somit längst "richtig" atmet...
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